Markus Mersinger

MIT. ANDEREN. TEILEN.

Herr Mersinger, Sie bezeichnen sich selbst in der Pressemitteilung zu Ihrem Preis als „notorischen Grenzenüberschreiter“. Wie gehen Sie mit den Grenzen um, die Ihnen die Coronapandemie und die Maßnahmen zu deren Bekämpfung setzen?

Ich passe in solchen Situationen meine Business-Strategie an. Jedoch meinte ich damit auch, wie meine Kunden, zum Beispiel Firmen aus dem Mittelstand, Grenzen überschreiten können. Wir alle verspüren durch die Corona-Vorgaben eine Ohnmacht und einen Kontrollverlust. Ich empfehle meinen Kunden immer, zu fragen: „Wie kommen wir wieder in die Selbstwirksamkeit?“

Was ist das?

Ich schaue, dass Menschen, beziehungsweise Unternehmen, für sich neue Erfolgserlebnisse aufbauen – in dem Handlungsspektrum, das sie haben. Die Hilflosigkeit kann ich nur loswerden, indem ich mir zum Beispiel neue Ziele setze, die Strategie justiere und mir so eigene Erfolgserlebnisse schaffe.

Wie geht das? Sie selbst können ja derzeit zum Beispiel keine Vorträge halten.

Zumindest keine physischen Präsenzvorträge, wie wir es als Redner alle gerne tun. Aber ich habe meine Strategie erweitert und nun eine starke Nachfrage nach digitalen Online-Vorträgen, weil gerade jetzt in der Pandemie viele Unternehmen und Verbände sagen, dass sie Impulse und Inspiration brauchen. Bei Vorträgen spüre ich daher keine starke Reduzierung meiner Aufträge. In der Beratungsarbeit hingegen ist es wirklich schwieriger geworden.

In Ihrer Pressemitteilung schreiben Sie von der „feierlichen Übergabe“ Ihres Awards. Wie war die unter Corona-Bedingungen möglich?

Steht „feierlich“ drin? Wir haben natürlich mit Abstand und Maske gearbeitet. Natürlich gab es auch ein kleines Indoor-Feuerwerk, aber ansonsten ist das alles auf Distanz und mit den entsprechenden Hygienevorschriften abgelaufen. Das war ein bisschen schade.

Sie schreiben, dass die Gesellschaft „immer weiter in eine gewählte Wirkungs- und erlernte Hilflosigkeit abdriftet“. Wie kommen Sie denn darauf, dass diese belastenden Gefühle, die derzeit viele Menschen als eine reale Belastung und Bedrohung von außen erleben, „gewählt“ beziehungsweise „erlernt“ seien?

Diese gewählte Wirkungslosigkeit, die von der erlernten Hilflosigkeit herrührt, bedeutet, dass Menschen in Krisen den Kopf in den Sand stecken. Ähnlich wie im beruflichen Kontext ist es häufig jemand anderes, der Schuld hat. Die Menschen sehen zunehmend weniger ihre eigene Verantwortung. Es gibt jedoch Strategien für mehr Selbstwirksamkeit.

Solche wie Ihren Rat: „Stellen Sie sich das Ergebnis Ihres Tuns so großartig wie möglich vor.“? Funktioniert das für einen arbeitslosen Bühnentechniker oder Kellner, wenn er die nächste erfolglose Bewerbung schreibt?

Solche Krisen haben eine ganz andere Qualität. Dennoch gilt: Es geht um die Grenze, aus der Tatenlosigkeit rauszukommen. Das kann bedeuten, bessere Bewerbungen beziehungsweise bessere Angebote zu schreiben oder eine neue Geschäftsidee zu entwickeln und umzusetzen, weil ich mir vorstelle: „Wenn ich das tue, dann werde ich wieder erfolgreich.“ Es geht darum, sich etwas vorzustellen, was Kräfte mobilisiert.  Es geht nicht darum, sich vorzustellen, irgendwann in einem Eckbüro im Glashochhaus zu sitzen.

Warum nicht? Wäre nicht genau das für einige die „großartige Vorstellung“, die Sie empfehlen?

Ich kann mit dieser Übung nur das beeinflussen, was ich selber tun kann: Bewerbungen schreiben. Ich kann nichts beeinflussen, was von jemandem anderen abhängt.