Leadership auf den Punkt gebracht
- Prolog
- Was ist Leadership?
- Wie wichtig ist Leadership?
- Was ist der Unterschied Leadership, Management und Führung?
- Ist Leadership/Führung noch notwendig?
- Was macht gutes Leadership aus?
- Was sind die wichtigsten Leadership Skills?
- Wie Leadership im Unternehmen durchsetzen?
- Epilog
1. Prolog
Derzeit haben lediglich 15 Prozent der Beschäftigten in Deutschland eine emotionale Bindung zu ihrem Arbeitgeber. Gut zwei Drittel und damit die Mehrheit (69 Prozent) machen Dienst nach Vorschrift. Die restlichen 16 Prozent und damit fast sechs Millionen Beschäftigte haben gar keine emotionale Bindung zu ihrem Unternehmen und haben bereits innerlich gekündigt; davon sind 650.000 Mitarbeiter aktiv auf Jobsuche (Gallup-Studie 2019).
„Führungskräfte müssen sich bewusst sein, dass sie diejenigen sind, die durch ihr Verhalten einen erheblichen Einfluss auf die Unternehmenskultur haben. Denn emotionale Bindung wird im unmittelbaren Arbeitsumfeld erzeugt“, kommentiert Marco Nink, Regional Lead Research & Analytics EMEA von Gallup, die Zahlen.
Gelebtes Leadership wird also u.a. zum strategischen Vorteil von Unternehmen. Doch was ist das genau?
Ich verstehe Leadership als eine Fähigkeit, in jeder Situation so zu führen, dass Unternehmensziele erreicht und beteiligte Personen/Mitarbeitende sich motiviert, sicher und wohl fühlen. Es gibt zahlreiche Konzepte zu Leadership, die ich später kurz skizzieren werde.
2. Was ist Leadership?
Das Thema Leadership ist so alt wie die Welt. Nur hatte es bis Mitte 2000 kein Management als einen essenziellen „Kompetenzcluster“ innerhalb innovativer Arbeitssysteme auf dem Schirm. Ja, es ist eine „Kompetenzcluster“. Er setzt sich aus einer bestimmten Haltung (Mindset) sowie Kompetenzen (Skillset) zusammen. Im Rahmen der Digitalen Transformation kommt dann noch ein entsprechendes Toolset dazu, welches Leadership unterstützen kann.
Und ja, all denen, die meinen: “…Leadership, das muss man in den Genen haben.“ widerspreche ich. Es ist wissenschaftlich erwiesen. Man kann es lernen.
Meine Definition lautet:
„Leadership ist die Kompetenz, in jeder Situation sich und andere so zu führen, dass Ziele erreicht und sich beteiligte Personen/Mitarbeitende weiterentwickeln, motiviert und sicher fühlen.“
Dazu ist eine Haltung nach dem Motto „alles kann, nichts muss“ sowie zeitgleich der Fokus auf Ergebnisse wichtig. In der Fachwelt heute als Ambidextrie bezeichnet – die Beidhändigkeit. D.h. das Agieren zwischen Flexibilität und Effizienz als extreme Pole.
3. Wie wichtig ist Leadership?
Generell sind Leader Menschen, die einen starken Antrieb besitzen, neue Wege zu gehen und Grenzen überschreiten. Wagen wir einen Blick auf ein paar Protagonisten aus unterschiedlichen Bereichen der Weltgeschichte. Kolumbus, Alexander der Große, Ghandi, Dr. King, Steve Jobs, Elon Musk. Was wäre wohl ohne diese Persönlichkeiten in der Welt entstanden? Menschen damals wie heute folgten schon immer dem tieferen Sinn einer Sache.
Und das war bzw. ist den o.g. Personen gemein! Es war eine große Idee, etwas Revolutionäres, eine große Vision sowie eine tiefe, innere Überzeugung, diesen Traum in die Welt zu bringen. Koste es was es wolle!
Der bedeutende Dreiklang: „Vision, Werte/Haltung, Umsetzung“
als Fundament von Leadership ist von essenzieller Bedeutung. Gerade in Zeiten der Umbrüche, Unsicherheiten und Mehrdeutigkeiten benötigt es Orientierung. Hier finden Menschen Stabilität und Halt trotz Rückschlägen und Niederlagen.
Doch ohne Mannschaft geht es nicht. Daher bedient Leadership eine weitere wichtige Komponente. Die Inspiration und Teilhabe (Mitentscheid und Zusammenarbeit) der eigenen Mannschaft und die „Ermächtigung“ (Empowerment), selbst Entscheidungen treffen zu können.
Die Welt wird zunehmend menschenzentriert. Sei es der Kunde als Gestalter und Abnehmer der Produkte (Prosumer) oder der Mitarbeitende als Bereitsteller seiner Fähigkeiten. Für beide ist Leadership als Form des Führens und Wirkens die passende Antwort und aktueller denn je.
4. Was ist der Unterschied Leadership, Management und Führung?
Zur Verdeutlichung hilft die Unterscheidung in Aufgabenorientierung und Menschenorientierung. Und so verstehe ich auch Management und Führung/Leadership. Wobei ich, wie Sie sehen, Führung und Leadership synonym verwende.
Management ist klar aufgaben-/prozessorientiert. Organisationen bestehen einerseits aus Prozessen und Strukturen, die bestimmte Aufgaben und Ziele unterstützen. Hier gilt es zu planen, zu messen, zu steuern und zu regeln. Wie innerhalb eines technischen Systems, um die gewünschte Leistung zu erwirken. Klare Managementtätigkeiten.
Organisationen sind jedoch auch „lebende“ Systeme mit Individuen und allen ihren Eigenheiten, durch die die Prozesse und Strukturen zum „Leben erweckt“ und erhalten werden. Es gibt Spannungen, Kritik etc. Hier setzen die Kompetenzen aus dem Bereich der Menschenorientierung an, um den „Motor“ über ein motivierendes Miteinander am Laufen zu halten. Klares Tätigkeitsspektrum von Führung/Leadership.
5. Ist Leadership/Führung noch notwendig?
Ich möchte diese Frage anders formulieren. Ist Leadership überall notwendig. Die Antwort lautet nein. Denn es gibt und es wird in Zukunft weiterhin Tätigkeitsbereiche geben, für welche Kompetenzen wie Teilhabe und Kollaboration, Verantwortungsübergabe etc. nicht relevant sind. Wo es klar um Durchführung von Standards geht und eventuell noch die Optimierung auf Basis beobachteter Fehler. Also Bereiche, in welchen ein hohes Maß an Wiederholung und Vorhersagbarkeit besteht. Hier dominieren weiter vornehmlich Management-Kompetenzen. Management bedeutet jedoch nicht gleich empathiebefreit.
6. Was macht gutes Leadership aus?
Ich denke das Stichwort bei dieser Frage lautet vor allem Authentizität statt Perfektion. Denn es ist wichtiger, wenn Leader aus Ihrem Inneren heraus agieren als „angelerntes“ Verhalten zu zeigen. Menschen spüren das, indem sie Irritation und Widerstand wahrnehmen.
Gute Leader schaffen zudem den Spagat zwischen Effizienz und Kreativität (Ambidextrie) indem sie die Kontrolle der Zielerreichung behalten. Sie jedoch die Kollegenschaft mit notwendigen Kompetenzen sowie Freiräumen ausstatten und dafür sorgen, dass sie selbständig am Weg zum Ziel arbeiten können. Detailsteuerung und präzise Kontrolle gehören der Vergangenheit an. Lesen Sie dazu auch weiter unten bei „Digital Leadership“.
7. Was sind die wichtigsten Leadership Skills?
- Sich führen können
- Andere verstehen können
- Andere entwickeln können
- Andere inspirieren können
Wer andere führen will muss zuerst sich selbst führen können. Denn in unsicheren Zeiten schaut die Mannschaft zu ihrem Kapitän. Der muss unerschrocken und souverän den Widrigkeiten entgegenstehen. Dazu gehörten eine gute emotionale Selbstregulation und stets der Blick über den Tellerrand, um Lösungsalternativen zu sehen.
Coaching-Kompetenzen helfen, um bei den Mitarbeitenden die Potenziale und Ressourcen für deren Wachstum zu aktivieren. Kognitive Empathie, d.h. emotionale Zustände beim Gegenüber erkennen können, ist der Grundpfeiler, um zu verstehen, wo der andere im Moment steht. Erst dann können gemeinsame Schritte hin zum Ziel unternommen werden. Und schließlich die Begeisterung bei dem anderen wecken, das Feuer in ihm für die Sache anzuzünden. Dies gelingt meist am besten, wenn man selbst zu 100% für die Idee brennt und sich die Zielerreichung in 1000 bunten Bildern ausgemalt hat.
Laszlo Bock, Google’s VP Human Resources, meint dazu „Man muss eigentlich nicht ändern, wer die Person ist“, sagt er. „Was bedeutet, wenn ich ein Manager bin und ich besser werden will, ich mehr aus meinen Leuten herausholen will. Und wenn ich möchte, dass sie glücklicher sind, gibt es zwei wichtige Dinge zu tun. Ich muss nur sicherzustellen, dass ich etwas Zeit für sie habe und ich muss konsequent sein. Und das ist wichtiger, als den Rest zu erledigen.“ (11) Lesen Sie die anderen Kriterien guten Leaderships aus Sicht von Herrn Bock und Google weiter unten.
8. Wie Leadership im Unternehmen durchsetzen?
Beginnen Sie bei sich selbst! Prüfen Sie, wofür Sie brennen, was ist Ihr tieferer Sinn? Wie sehen ihr Selbstbild und Menschenbild aus. Welche Werte sind Ihnen wichtig? Machen Sie Positionierungsarbeit mit sich selbst bzw. im Rahmen von Corporate Leadership-Circles als Inkubator der kommenden Generation von Leadern.
Da Sie Ihr Unternehmen nicht einfrieren können, bis die neuen Leader „geschlüpft sind“ empfehle ich Ihnen eine duale Strategie. Punkt 1 ist oben genannt. Parallel dazu stellen Sie den Protagonisten in Ihrem Unternehmen Mentoren an die Seite, die „mitlaufen“ und als Sparring Partner und Ratgeber im laufenden Betrieb dienen. So entwickeln Sie die bestehende Mannschaft „on the job“ weiter. Das funktioniert, glauben Sie mir. Darüber hinaus ist der Aufbau einer Coaching-Kultur – zumindest weist alles darauf hin –das erklärte Ziel bei der (Digitalen) Transformation von Unternehmenskulturen und Führungssystemen hin zur agilen Organisation. Also machen Sie damit alles richtig.
Bauen sie zudem ein regelmäßiges 360° Grad Feedback auf. Hier sind Kollegen, Mitarbeiter, Kunden, Vorgesetze etc. aufgerufen, Rückmeldung an Führende und Geführte zu geben. Einmal systematisiert und dokumentiert liefert es sehr gute Indikatoren für Fortschritte und individuelle Lernfelder der Kollegenschaft.
9. Epilog
Häufig und gerade in unserer heutigen Zeit, die mit so viel Ungewissheit und noch viel mehr Entscheidungsdruck versehen ist, will jeder mehr Sicherheit. Eine Entmystifizierung des Begriffs Leadership soll helfen, Dinge wieder auf den Boden zu bekommen. Dorthin, wo sie fassbar und umsetzbar werden. Das ist mein Anspruch mit diesem Artikel und bei meiner Arbeit mit meinen Kunden.
Ich kann allen nur ans Herz legen, sich klar zu positionieren. Führungskräfte, die jetzt zu Leadern werden sollen und Organisationen, die solche suchen, vielleicht auch am freien Markt. Klären Sie Ihr „WARUM“, ob als Person oder als Organisation. Prüfen Sie, ob die beteiligten Personen und die Organisation hier übereinstimmen. Wenn das zutrifft, geschehen viele Dinge auf einmal wie von selbst. Glauben Sie mir! Und noch eines, treffen Sie eine Entscheidung, fangen Sie an und lernen Sie am Weg!
Herzlichst,
Ihr Markus Mersinger
Grenzen überschreiten!
Literatur
(1) Neuberger, O. (1994). Führen und geführt werden (4. Aufl.). Stuttgart: Enke.
(2) Berninger-Schäfer, E. (2019). Digital Leadership. Bonn. manager Seminare Verlags GmbH
(3) ( https://www.leadership-insiders.de/die-wissenschaftliche-studie-was-bringt-fuehrungserfahrung/)
(4) https://www.spektrum.de/lexikon/psychologie/situationstheorien-der-fuehrung/
(5) https://www.karteikarte.com/card/174173/rollentheorie-der-fuehrung-neuberger
(6) https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/fuehrungstheorien-33645/version-257166
(7) Creusen U. et.al. (2017). Digital Leadership. Führung in Zeiten des Digitalen Wandels. Wiesbaden. Springer Gabler
(8) Bartscher, T. et al (2017). Personalmanagement. München
(9) Pelz, W. (2016). Transformationale Führung – Forschungsstand und Umsetzung in der Praxis. In: von Au, C. (Hrsg.). Wirksame und nachhaltige Führungsansätze. Leadership und Angewandte Psychologie. Wiesbaden: Springer Fachmedien, S. 94-112
(10) https://www.realtimeperformance.com/the-8-most-important-qualities-of-leadership-at-google/
(11) https://www.nytimes.com/2011/03/13/business/13hire.html?pagewanted=1&_r=1
(12) Oestereich, B. et al. (2020). Agile Organisationsentwicklung. München. Verlag Vahlen